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Was ist ein Unrechtsstaat?

Die Diskussion um die DDR als Unrechtsstaat ist nach den Kommunalwahlen in Thüringen wieder aufgeflammt. Und erhitzt die Gemüter. Auch wenn nach dem Politikwissenschaftler Hans-Joachim Veen vom Vorstand der Stiftung Ettersburg (Weimar) der Begriff »Unrechtsstaat kein präziser Begriff der Staatsformenlehre« ist, so kann ein Staat wohl als solcher bezeichnet werden, in dem grundlegende Rechte nicht gelten. Wie das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit, auf Versammlungsfreiheit. Vor allem politische Kritik, selbst wohlwollend und konstruktiv gemeint, konnte zu willkürlichem Vorgehen des DDR-Staates führen.

Kritiker wurden mundtot gemacht, verhaftet oder in den Westen abgeschoben. Oft ohne wirkliche Gerichtsverhandlung und mit falschen Beschuldigungen. Kritik am DDR-Staat war »verfassungsfeindlich, gesetzeswidrig«. Selbst wenn es in der Diktatur der SED auch einzufordernde Rechte gab – wie das Recht auf Arbeit, auf Bildung, darf es nicht darüber hinwegtäuschen, dass unliebsamen Personen dieses Recht verweigert wurde: manchen Christen, die die Mitgliedschaft in der FDJ und die Jugendweihe ablehnten; Studenten, die sich kritisch äußerten mussten zur »Bewährung in die Produktion« … Es gibt zahlreiche Beispiele.

Eines aber ist nicht zu verwechseln: Auch wenn die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet werden kann, ist die Lebensleistung und das Leben der Menschen, die 40 Jahre in diesem Land gelebt, geliebt, gearbeitet haben, etwas wert. Jeder Mensch, auch der Fehler begangen hat, bleibt nach unserem christlichen Menschenbild wertvoll. Und zum anderen heißt es auch nicht, dass unsere jetzige Gesellschaft ohne Fehler ist. Wir dürfen dankbar sein, dass wir heute Kritik laut und deutlich anbringen dürfen. Und dass jeder, der eines Vergehens beschuldigt wird, die Chance zu seiner Verteidigung hat.

Dietlind Steinhöfel


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