Quantcast
Viewing all articles
Browse latest Browse all 14

Hochzeit im Exil

Mak und Dikeledy Gwili feierten ihre Silberhochzeit in Viernau

Es war noch eine ganz andere Zeit, als Mak und Dikeledy Gwili aus Südafrika vor 25 Jahren einander das Ja-Wort gaben. In Südafrika herrschte die Apartheid, in der DDR die Dikta-
tur der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Die beiden gehörten zu den etwa 100 südafrikanischen Flüchtlingen, die in den 1980er Jahren in der DDR lebten. Sie waren aus dem Flüchtlingslager des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) in Tansania hierher gekommen. Am 17. September 1988 heiratete das Paar in der Kirche in Viernau (Kirchenkreis Henneberger Land). Vorigen Sonntag, 15. September, saßen sie wieder vor dem Altar der Viernauer Kirche, um ihre Silberhochzeit zu feiern. Pfarrer i. R. Eberhard Vater erinnerte in seiner Predigt an die Hochzeit. »Ein besonderes Ereignis für euch beide und für uns alle, … für den ganzen Ort Viernau, für den Landkreis und die damalige Bezirksregierung der DDR. Natürlich auch für den Kirchenkreis Suhl.« Vater war damals Pfarrer in Viernau und hatte das Paar getraut.

Das Ende der Apartheid

Drei bis fünf Jahre durften die Südafrikaner im Osten Deutschland bleiben, dann mussten sie wieder zurück nach Tansania ins Flüchtlingslager. Christina Vater, Ehefrau des Pfarrers, berichtet, wie die wenigen in Suhl lebenden Südafrikaner Verbindung zur ­Kirchengemeinde aufnahmen. »Das war ungewöhnlich, da Kontakte zu Kirchen und deren Einrichtungen von den Betreuern der Wohnheime und Betriebe in der DDR sehr kritisch gesehen wurden.« Die Parteigenossen konnten sich nicht vorstellen, dass Vertreter des ANC Christen sind. Die Behörden dachten, südafrikanische Flüchtlinge seien Kommunisten. Doch die schwarzen Südafrikaner, so Christina Vater, waren eng verbunden mit ihren Heimatkirchen und besuchten die in ihrem Gastland. Die in Ostdeutschland lebenden Südafrikaner hatten untereinander Kontakt, sodass auch die ­Vaters zunehmend Einladungen zu Treffen der Kulturgruppen in den Universitäten, unter anderem in Leipzig, Halle, Jena, Berlin und Potsdam erhielten.

Image may be NSFW.
Clik here to view.
Das Silberhochzeitspaar Mak und Dikeledy Gwili vor dem Altar der Kirche in Viernau. Foto: Norbert Seidel

Das Silberhochzeitspaar Mak und Dikeledy Gwili vor dem Altar der Kirche in Viernau. Foto: Norbert Seidel

1987 lernten Vaters Mak und Dikeledy kennen, die danach öfter zu Gast im Viernauer Pfarrhaus waren. Dikeledy arbeitete als Schneiderin in Suhl, Mak in einem landwirtschaftlichen Betrieb bei Schwerin. Eines ­Tages fragten sie Pfarrer Vater, ob er sie kirchlich trauen würde. Vaters empfanden diese Bitte zur damaligen Zeit außergewöhnlich. Tatsächlich mussten viele Fragen bedacht und mit den staatlichen Stellen abgestimmt werden. Am 17. September 1988 war der Tag der Hochzeit im Exil gekommen und sie wurde gefeiert. Christina Vater fasst zusammen: »Es wurde ein tiefes Erlebnis für uns alle.« Die Medien berichteten davon. 125 Gäste feierten in dem 1982 erbauten Gemeindehaus »Paul Schneider« in Viernau mit.

Noch bevor die Mauer in Berlin gefallen war, mussten Mak und Dikeledy Gwili zurück nach Tansania, ins Exil für Südafrikaner. Der Kontakt zu Vaters indes brach im Wechsel der Zeiten und politischen Verhältnisse nicht ab. In der DDR kam 1989 der Umbruch, in Südafrika ein Jahr später das Ende der Apartheit. 1990 wurde Nelson Mandela nach 27 Jahren aus dem Gefängnis entlassen – die südafrikanischen Flüchtlinge konnten aus Tansania in ihre Heimat zurückkehren und gelangten dort zu einem bescheidenen Wohlstand. Davon konnten sich Vaters überzeugen. Als sie 1996 zu einer Internationalen Konferenz nach Kapstadt flogen, verbanden sie diese Reise mit einem Besuch in Bloemfontein, wo Mak und Dikeledy Gwili mit ihren Kindern Mpho, Tebo und Thato ­leben.

Der Gipfel der Fröhlichkeit

Die Silberhochzeit nun war für das MDR-Fernsehen Anlass, den Spuren der Geschichte zu folgen und eine ­Dokumentation über die »Hochzeit in der DDR« zu zeigen. Zum 25-jährigen Ehejubiläum reiste das Paar extra aus Südafrika nach Thüringen, um hier gemeinsam mit der Kirchengemeinde in Viernau zu feiern. Damals hatte sich eine große Festgemeinde versammelt, und auch zur Silberhochzeit ­waren zahlreich Gäste gekommen. Wie es bei den meisten Jubiläen ist, »es wurde viel von früher erzählt«, so Silke Sauer, Pfarrerin in Viernau. Die Bäckerei Füchsel aus Steinbach-Hallenberg hatte wie vor 25 Jahren auch diesmal eine mehrstöckige Torte gebacken, verziert mit einem essbaren Foto des Jubelpaares. Mak Gwili hielt eine Dankesrede. Ihren Gipfel erlangte die Fröhlichkeit, als die Trommlergruppe auftrat, bei deren Rhythmen Dikeledy nicht anders konnte als zu tanzen. Schließlich bildete die ganze Gesellschaft nach ­afrikanischer Sitte eine lange Kette und bewegte sich tanzend durch den Garten. Ein schönes Fest.
Sabine Kuschel

Der Film »Hochzeit in der DDR. Zwei Südafrikaner in Suhl« wird am 14. 11., 22.35 Uhr im MDR-Fernsehen gezeigt.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 14